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 Betreff des Beitrags: Nationale Diabetes-Strategie
BeitragVerfasst: Fr 22. Nov 2013, 18:34 
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Registriert: Sa 16. Nov 2013, 19:00
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Nationale Diabetes-Strategie

Wie steht der DDB zur Frage einer Nationalen Diabetes-Strategie in Deutschland? Was sind die wichtigsten Punkte? Und wie ist die heutige Versorgung mit den vielen Einsparungen zu bewerten? Eine Stellungnahme des Bundesvorsitzenden des Deutschen Diabetiker Bundes, Dieter Möhler.

Der Deutsche Diabetiker Bund setzt sich aktiv für die Interessen der Menschen mit Diabetes ein. So hat sich der DDB im Mai an der Demonstration der Diabetesverbände in Leipzig beteiligt. Bereits im Vorfeld der Protestaktion haben wir an Gesprächen im Bundesgesundheitsministerium teilgenommen, bei denen es um die Forderung nach einem Nationalen Diabetes-Plan ging. Wir stimmen Prof. Dr. Thomas Danne von DiabetesDE zu, wenn er ausführt, dass Diabetes den Politikern ein Gespräch innerhalb des Wahlkampfes wert sein sollte. Regieren wollen heißt, nah bei den Menschen zu sein. Dazu gehören auch die Diabetikerinnen und Diabetiker in Deutschland und natürlich deren Familien, die von den Auswirkungen, die die Erkrankung zwangsläufig mit sich bringt, im Alltag, in der Freizeit, im Beruf und in der Lebensgestaltung betroffen sind.

Die Nationale Diabetes-Strategie für Deutschland einzufordern, sehen wir als richtig an. Doch diese Regelung soll nach dem Willen der Politik dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Selbstverwaltungsorgan überlassen werden. Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die tatsächlich verantwortliche Politik einer ethischen Diskussion verschließt. Als Patientenorganisation sehen wir tagtäglich die negativen Auswirkungen der Einsparungen. Die Erfolge aus der Vergangenheit, soziale Teilhabe trotz Diabetes zu sicher, wird immer schwieriger - auch, diese aufrechtzuerhalten oder gar weiterzuentwickeln. Was wir brauchen, ist eine funktionierende Diabetesversorgung. Aufgabe des Deutschen Diabetiker Bundes im Hinblick auf ein "Stoppen" des Diabetes kann es nur sein, Forschungen zu unterstützen, die sich mit Heilungschancen dieser Krankheit beschäftigen. Sicher können wir auch darauf verweisen, dass sich der Lebensstil in Deutschland ändern muss. Als Selbsthilfeorganisation wirken wir aber für bereits Erkrankte und nur am Rande für die sogenannte Prävention des Diabetes. Also muss unsere Forderung sein, den Lebensstil in Deutschland zu ändern, aber nicht auf Kosten der Krankenversicherung, sondern aus anderen Mitteln wie dem allgemeinen Steueraufkommen. Erweitert man die Aufgabe der Diabetes-Prävention im Krankenversicherungsbereich, drohen die finanziellen Mittel bei der Diabetesversorgung abzufließen.

Wir brauchen auch eine stärkere Förderung der Forschung für bessere Heilungschancen des Diabetes, auch was die Erkenntnisse über Erbanlagen angeht, die zum Ausbruch der Erkrankung führen. Um nicht dramatische Folgeerkrankungen zu entwickeln, müssen Personen mit hohem Diabetes-Risiko frühzeitig auf das Vorliegen der Erkrankung untersucht werden.

Was wir nicht brauchen, ist die Einrichtung einer Fett- und Zuckersteuer gegen Übergewicht. Die so gewonnenen Abgaben verschwinden ohnehin in den allgemeinen Steuerausgaben, da sie keiner Zweckbindung unterliegen. Was wir brauchen, ist die Lösung der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die Menschen vom Kindesalter an zu motivieren, das Essverhalten und Bewegung sinnvoll aufeinander abzustimmen. Es bedarf einer Umsetzung des Gedankens: "Der Vogel fliegt, der Fisch schwimmt, der Mensch läuft!" Einzelforderungen, wie jeden Tag eine volle Stunde Sport in der Schule, sind zwar sinnvoll, aber in der heutigen Zeit kaum umsetzbar.

Ampelkennzeichnungen auf Verpackungsvorderseiten bergen erhebliche Risiken für Fehlinterpretationen. So wird z.B. suggeriert, es handele sich bei einem Lebensmittel um ein aus Sicht der Ernährungswissenschaftler empfehlenswertes Produkt, obwohl die Gesamtkalorienanzahl ausreicht, um den Gesamtnahrungsbedarf eines Tages abzudecken. Diese Punkte sollten derzeit nicht einseitig in einer Kampagne vorgegeben, sondern einer inhaltlichen Ausarbeitung dann zugeführt werden, wenn die einzelnen Unterstützer ihre erst noch zu definierenden Rollen einnehmen.

Aus unserer Sicht wird eine Anbindung der Gesamtaktion an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von zentraler Bedeutung sein, um alle Teilbereiche wie Prävention, aber auch Versorgung an sich, zu koordinieren. Einigkeit besteht auch im Hinblick auf die Interessen beruflicher Verbände. Wir brauchen den Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie ebenso wie die staatliche Anerkennung als Diabetesberater/in nicht nur regional, sondern bundesweit. Noch wichtiger ist allerdings die Sicherung der Qualität in der Diabetesversorgung, was die Schnittstellen anbelangt. Bei den Gesprächen im Bundesgesundheitsministerium hat sich deutlich gezeigt, dass nach Auffassung der ministerialen Ebene in der Versorgung überhaupt keine Lücken auftreten. Die Zahl der Amputationen und Erblindungen als Folge des Diabetes sprechen allerdings eine ganz andere Sprache.

Wir brauchen Daten. Daten, die nur über ein dem Nationalen Aktionsplan vorzuschaltendes Diabetesregister gewonnen werden können, einschließlich der Einsicht der Betroffenen, unter entsprechender Anonymisierung erfasst zu werden. Nur so wird es möglich sein, belastbare Daten zu erhalten, die uns wieder in die Lage versetzen, als Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss die Rechte der Patienten einzufordern, was Therapie und Hilfsmittelversorgung anbelangt. Die gesetzliche Ausgestaltung der Patientenvertretung greift nicht weit genug. Wir brauchen dort nicht nur eine Durchsetzung eine vollumfassenden Stimmrechts für Patienten, sondern auch die Möglichkeit eines unabhängigen, themenbezogenen Agierens, das ausschließlich am Interesse der Diabetiker/innen ausgerichtet und frei von ideologischen Vorüberlegungen ist. Dazu bedarf es der Stärkung der Selbsthilfe. So sollten Kassenboni verteilt werden, für die, die dort aktiv sind. Selbsthilfe muss selbstverständlich werden. Und Selbsthilfe muss im Rahmen einer Nationalen Diabetes-Strategie auch als unabhängig anerkannt werden. Schließlich ist ganz wichtig, Diabetiker nicht zu stigmatisieren. Die Berichterstattung in den Medien erweckt fast durchgängig den Eindruck, als seien wir selbst schuld, an dieser Krankheit zu leiden. Eine Nationale Diabetes-Strategie muss die Gesellschaft zum Umdenken anregen. Sowohl Diabetes Typ 2 als auch Diabetes Typ 1 bedürfen hinsichtlich des Ausbruchs der Krankheit einer genetischen Vordisposition. Bei Diabetes Typ 2 führt der "schlechte Lebensstil" zu einem früheren Ausbruch der Krankheit.

Vor einer Unterschlagung dieser Tatsache hat ein Mann immer gewarnt, der oft in der Kritik des Deutschen Diabetiker Bundes stand: Der frühere Leiter des Institutes für Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), Prof. Dr. Peter Sawicki. Diese Stigmatisierung führt dazu, dass bei den Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses leicht der Schwerpunkt der Betrachtung auf die Möglichkeit gelenkt ist, der Diabetiker sei doch eigentlich nicht krank und könne selbst etwas für sich tun, sodass Medikationen gar nicht nötig seien. Das sind fatale Entwicklungen. Mit Distanz sollten auch Teile der Ärzteschaft von uns betrachtet werden: So gibt es manche Diabetologen, die bei Typ 2 Diabetes tatsächlich eine Behandlungsbedürftigkeit nur insoweit annehmen, als hierdurch das Auftreten kardiovaskulärer Endpunkte wie Herzinfarkt oder Schlaganfall vermieden werden. Solche Behandler haben nicht ansatzweise verstanden, dass der Gesetzgeber ausdrücklich bei chronischen Erkrankungen vorschreibt, die besonderen Interessen, die solche Erkrankungen mit sich bringen, auch besonders zu berücksichtigen. Welche nachteiligen Folgen eine ständige Überzuckerung mit sich bringt, scheint vielfach vergessen. Unterzuckerungen werden verharmlost. Der Glaube an die Notwendigkeit eines "guten" HbA1c-Wertes scheint in Zeiten, in denen ökonomische Überlegungen in den Vordergrund treten, verloren gegangen zu sein. Neue Überlegungen, wonach der HbA1c-Wert, der anzustreben ist, ein individueller ist und demzufolge das Hauptaugenmerk auf das Erreichen normoglykämischer Verhältnisse ohne Blutzuckerschwankungen liegen muss, werden gar nicht zur Kenntnis genommen. Ärztliche Behandlung, Schulung, Medikation und Hilfsmittelversorgung haben in Ihrem Zusammenspiel Auswirkung auf die soziale Teilhabe. Bricht ein Teil des Ganzen weg, ist es nicht mehr weit her mit der von der Politik gepredigten Inklusion (Einbeziehung) chronisch Kranker und Behinderter.

In diesem Sinne: Nationale Diabetes-Strategie jetzt! Und das mit vernünftigen Inhalten, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen!



Pressemitteilung: Deutscher Diabetiker Bund e.V. (DDB) http://www.diabetikerbund.de


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Verfasst: Fr 22. Nov 2013, 18:34 


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