Diabetes ist nicht gleich Diabetes
Autor: Richard Haßler
Und damit meine ich nicht den Unterschied zwischen Diabetes Typ1 und Diabetes Typ 2 usw. Aber, beginnen wir am Anfang! Ein Patient sucht seinen Hausarzt, in der Regel ein Allgemeinmediziner auf, weil er so einen Verdacht hat. Dieser führt sämtliche nötigen Untersuchungen durch und hat einige Tage darauf das Ergebnis vorliegen.
„Sie haben, wie auch Sie schon vermutet haben, Diabetes. Ihr HbA1c –Wert liegt bei 8,5“ <<Wenn Sie jetzt hier an dieser Stelle nicht gleich fragen, was denn ein HbA1c –Wert ist, werden Sie es in diesem Stadium Ihrer nun folgenden Behandlung mit aller Wahrscheinlichkeit wohl nie mehr erfahren>> “ Das liegt unter anderem auch am Essen. Dagegen müssen sie was tun. Sie müssen Ihre Ernährung etwas umstellen und ich werde Ihnen Metformin verschreiben. Dazu muss ich aber wissen, wie Ihre Ernährungsgewohnheiten sind.“
Nachdem der Patient seinem Hausarzt mitgeteilt hat, was er so den Tag über verkonsumiert, kommt dieser bemerkenswert schnell, fast schon zu schnell, zu folgendem Ergebnis. „Sie nehmen 3.0 Broteinheiten am Morgen, 3,5 am Mittag und 3.0 am Abend zu sich. Von dem Metformin nehmen Sie bitte zum Anfang je Morgens und Abends eine halbe Tablette.“
HALLO? Woher soll der Neu-Diabetiker wissen, was eine Broteinheit ist. Von wem weiß er, dass 1 BE an Weißbrot eine völlig andere Wirkung auf den Blutzuckerspiegel hat, als zum Beispiel die gleiche Menge an Graubrot oder auch Schwarzbrot und Konfitüre und und und. Dass es sogar Wirkungs-Unterschiede zwischen Brot und Obst generell, sowie zwischen zum Beispiel einer Banane und einem Apfel gibt. Von der unterschiedlichen Wirkungsweise von Getränken, welche in bestimmten Situationen überhaupt nicht mitgerechnet werden müssen und dürfen. Woher soll er wissen, dass er eigentlich immer dasselbe essen müsste, was natürlich kein auch nur annähernd normal denkender Mensch machen würde.
„In ein bis zwei Wochen sehen wir uns wieder, dann hoffe ich, dass eine Besserung Ihrer Blutzuckerwerte eingetreten ist“
WIE EIGENTLICH? Und er scheint der Einzige im Sprechzimmer zu sein, der das glaubt, um dann auf die entsprechende Frage des Patienten zu antworten: „Nein, auf Ihr Feierabend-Bierchen brauchen Sie natürlich nicht zu verzichten. Natürlich in Maßen.“
HALLO? Was soll das denn bitteschön heißen „in Maßen“? Für jeden Menschen bedeutet doch in Maßen logischerweise etwas völlig Anderes.
Für den Einen besteht das Feierabend-Bierchen aus tatsächlich nur einem Glas. Für den Anderen besteht sein Feierabend-Bierchen aus mindestens einem halben Kasten Pils oder Kölsch.
Für einen Weiteren beginnt der Genuss seines Feierabend-Bierchens genau dann, wenn der Wirt seiner Stammkneipe ihn mit einem Schlauch an die Zapfanlage angeschlossen hat. Und in diesen Fällen gibt es mit Sicherheit keine bestimmten Situationen.
„Und versuchen Sie doch bitte auch Ihr Gewicht zu reduzieren. Essen Sie am besten weniger fettige Lebensmittel“
HALLO? Jetzt soll der Neu-Diabetiker, der selbst völlig ahnungslos und mit Sicherheit momentan total überfordert ist, sich deswegen bedenkenlos und zurecht auf seinen Hausarzt verlässt, seine zuvor von genau demselben Hausarzt und angeblich speziell auf seine bisherigen Essgewohnheiten abgestimmte Therapie, eigenmächtig und völlig ahnungslos über die Folgen einer möglichen Hypoglykämie, abändern. Weniger Fett bedeutet nämlich auch eine veränderte Kohlenhydrate-Aufnahme, welche auch den Blutzuckerspiegel erheblich beeinflusst.
Neben einem unkontrollierten auf und ab des Blutzuckerspiegels, dürfte es auch für die Blutgefäße kein Vergnügen sein, diese Belastung über einen längeren, in diesen Fällen unkontrollierbaren Zeitraum und zudem nach Möglichkeit noch unbeschadet, zu überstehen. Es kann daher mit Sicherheit nicht nach dem Motto, < ein Diabetes, mehrere Diabetiker, ein und dieselbe Therapie > verfahren werden.
Ich möchte mir an dieser Stelle nicht anmaßen, über die Qualität eines Arztes zu urteilen. Dies steht mir als Nicht-Mediziner überhaupt nicht zu, und es fehlt mir zudem mit Sicherheit die fachliche Kompetenz. Doch bin ich mir ziemlich sicher, dass nur ein ausgebildeter Diabetologe fachlich in der Lage ist, durch spezielle Behandlungs-Methoden zuerkennen, und ich weiß es als Diabetiker aus eigener Erfahrung, sowie am Beispiel anderer mir bekannter Diabetiker, wie der Diabetes speziell bei diesem oder jenem Diabetiker behandelt werden muss.
Diabetes ist nicht gleich Diabetes! Und dieser gehört meiner Meinung nach unbedingt von Anfang an in die Obhut eines fachlich kompetenten Diabetologen und leider nicht in die Hände eines Allgemeinmediziners. Eine fachlich kompetente Behandlung von Anfang an, dient nicht nur dem Wohle des Patienten, sondern senkt mit Sicherheit auch die Kosten einer Diabetes-Behandlung. Denn, was die Allgemeinmedizin nicht vermasseln kann, braucht die Diabetologie nicht zu richten.
Mein Fazit lautet: Ein guter HbA1c –Wert ist mit Sicherheit das wichtigste Ziel bei einer Diabetes-Behandlung. Was jedoch dazwischen passiert, sollte aber niemandem sch....egal sein.
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