Schwangerschaft bei Diabetes richtig planenBabyglück nach Plan: Gut vorbereitet ist die Schwangerschaft auch für Frauen mit Diabetes oft problemlos möglich. Welche Untersuchungen anstehen, welche Werte wichtig sind.
Zwillinge! Die 30-jährige Julia H. war überglücklich, als sie die Nachricht in der fünften Schwangerschaftswoche bekam – überglücklich, aber auch ein wenig besorgt. Schließlich hat sie doch Typ-1-Diabetes. Könnte es deswegen nicht zu Problemen kommen? Ihre Ärztin, die Diabetologin und Privatdozentin Dr. Wilgard Hunger-Battefeld vom Kompetenzzentrum für Diabetes und Schwangerschaft der Universität Jena beruhigte sie zum Glück rasch: Wenn sie sich in den kommenden Monaten weiter so perfekt um ihren Diabetes kümmern und alle Untersuchungstermine einhalten werde, sei das Risiko für Komplikationen sehr gering.
Schwangerschaft bei Diabetes: Den „Ausnahmezustand“ planen
Grundsätzlich sollten Frauen mit Diabetes den „Ausnahmezustand“ bereits Monate vorher gut planen. Denn schlechte Zuckerwerte zum Zeitpunkt der Empfängnis und in den ersten Schwangerschaftswochen können Fehlbildungen verursachen und zu Fehlgeburten führen. Julia H. hielt sich deshalb genau an die Empfehlungen ihrer Diabetologin. Als feststand, dass sie ein Baby wollte, optimierte sie ihre Blutzuckerwerte. „Der Langzeitwert HbA1c sollte bei der Empfängnis unter 7, besser sogar unter 6,5 Prozent liegen“, hatte ihr die Ärztin geraten.
Sie besprach mit Julia H. auch, welche Untersuchungen während der Schwangerschaft wichtig sein würden: Zu den für alle Schwangeren empfohlenen Schilddrüsen-, Nieren- und Blutdruck-Kontrollen kommen bei Diabetes Untersuchungen von Nerven und Augen hinzu. Besonders wichtig sind Augen-Spiegelungen vor und nach Eintritt der Schwangerschaft und in jedem Trimenon. Denn während der Schwangerschaft können sich diabetesbedingte Netzhautschäden sehr schnell entwickeln oder verschlechtern und müssen sofort behandelt werden.
Schwangerschaft bei Typ-2-Diabetes
Viele Medikamente, auch die meisten blutzuckersenkenden Tabletten, sind in der Schwangerschaft tabu, da sie das Risiko für Fehlbildungen beim Kind erhöhen könnten. Schwangere mit Typ-2-Diabetes müssen daher in der Regel auf Insulin wechseln. Aber auch hier gibt es Unterschiede. Zu einigen lang wirkenden Insulinen fehlen Studien,
die garantieren, dass sie auch während der Schwangerschaft gefahrlos anzuwenden sind. „Wir empfehlen daher, als lang wirkendes Insulin ein NPH-Insulin zu verwenden“, sagt Hunger-Battefeld. Als kurz wirkende Insuline eignen sich Human insulin lispro oder aspart. Das häufige Blutzuckermessen und die Insulingabe per Pen oder Pumpe bedeuten gerade für Frauen mit Typ-2-Diabetes eine große Umstellung.
Eine Schulung hilft, den Umgang damit zu lernen und so während der Schwangerschaft optimale Werte zu erreichen. Über- und Unterzuckerungen gilt es so gut wie möglich zu vermeiden. „Das Kind bekommt jede Zuckerveränderung mit“, sagt Hunger-Battefeld. Nüchtern und vor dem Essen sollte der Blutzucker zwischen 65 und 95 mg/dl (3,6 und 5,3 mmol/l) liegen. Eine Stunde nach dem Essen sollte der Wert unter 140 mg/dl (7,8 mmol/l) liegen, vor dem Schlafengehen zwischen 90 und 120 mg/dl (5,0 und 6,7 mmol/l). Regelmäßige Messungen bis zu achtmal am Tag helfen, „Ausreißer“ aufzudecken.
Hormone bringen Blutzucker durcheinander
Selbst für routinierte Typ-1-Diabetikerinnen kann die Insulintherapie in der
Schwangerschaft zur Herausforderung werden. Denn die Hormonschwankungen beeinflussen den Insulinbedarf. In den ersten 14 Wochen nimmt er deutlich ab. Wird die Dosis dann nicht gesenkt, drohen Unterzuckerungen. Etwa ab der 22. Schwangerschaftswoche steigt der Insulinbedarf an, mitunter bis aufs Doppelte. Während der Geburt fällt er wieder ab und pegelt sich anschließend meist auf das Niveau vor der Schwangerschaft ein.
Geburt: Klinik bei Diabetes rechtzeitig wählen
Zur Entbindung sollten Diabetikerinnen eine Klinik auswählen, die für mögliche Komplikationen optimal gerüstet ist. Dies sind sogenannte Perinatalzentren, die mindestens die Versorgungsstufe Level 2 erfüllen. Am besten informiert man sich schon zu Beginn der Schwangerschaft und nimmt Kontakt mit der Klinik auf. Doch all die Mühen lohnen sich und haben ein schönes Ziel: gesund zu bleiben und ein gesundes Kind zu bekommen – und manchmal sogar zwei!
Was für werdende Mütter mit Diabetes wichtig ist
1. Die Schwangerschaft rechtzeitig planen
Um Komplikationen vorzubeugen, müssen die Blutzuckerwerte schon zum Zeitpunkt der Empfängnis optimal sein. Grundsätzlich wird empfohlen:
•Verhütung erst bei guter Stoffwechseleinstellung absetzen (HbA1c unter 7, besser unter 6,5)
•Augen, Nieren, Nerven und Schilddrüse untersuchen lassen
•Mit dem Arzt besprechen, ob Medikamente (z. B. gegen Diabetes) geändert werden müssen
•Regelmäßig Folsäure und Jod einnehmen, wie mit dem Arzt besprochen
2. Betreuung durch Diabetologen
Neben der gynäkologischen Betreuung sollten sich (Typ-1- und Typ-2) Diabetikerinnen auch an einen Diabetologen wenden, um „Zuckerprobleme“ früh zu erkennen und rasch zu behandeln.
3. Kontrolltermine wahrnehmen
Alle Kontrolltermine in der Schwangerschaft unbedingt wahrnehmen. Für Diabetikerinnen gehören auch regelmäßige Augenuntersuchungen dazu, um Netzhautschäden zu verhindern.
4. Entbindung in Perinatalzentrum
Schwangere mit Diabetes sollten zur Entbindung ein Perinatalzentrum wählen, das mindestens die Versorgungsstufe Level 2 erfüllt – so ist eine optimale Betreuung gewährleistet.
Zum Ausdrucken: Schwangerschafts-Checkliste für Frauen mit Diabetes
http://www.diabetes-ratgeber.net/multim ... 015121.pdfPressemittieilung: Diabetes Ratgeber
http://www.diabetes-ratgeber.net