Fettleber bei Diabetes: Ein WarnschussEine Leberverfettung ist bei Diabetes Typ 2 recht häufig und bleibt leider oft lange unbemerkt. Sie ist ein wichtiges Alarmzeichen dafür, dass die Stoffwechseleinstellung nicht stimmt.
Bis zu 70 Prozent aller Typ-2-Diabetiker leiden darunter – bei übergewichtigen Diabetikern ist es sogar fast jeder: Diagnose Fettleber! Den Betroffenen wird oft nachgesagt, regelmäßig einen über den Durst zu trinken. Zwar ist hoher Alkoholkonsum tatsächlich eine häufige Ursache der Erkrankung. Aber eine Fettleber kann zum Beispiel auch durch Fettstoffwechselstörungen, starkes Übergewicht (Adipositas) oder anhaltend erhöhte Blutzuckerkonzentrationen hervorgerufen werden.
„Wenn die Muskeln bei Insulinresistenz oder Insulinmangel den Blutzucker nicht ausreichend verwerten können, tritt die Leber in Aktion“, erklärt Privatdozent Dr. Holger Seidl aus München. „Sie verstoffwechselt die Glukose zu Fetten und speichert diese in ihren Zellen.“ So verfettet die Leber allmählich. Darüber hinaus scheinen das Insulin beziehungsweise die Insulinresistenz auch einen direkten Einfluss auf den Fettstoffwechsel in der Leber zu haben. „Mit der Zeit kommt es so zur nichtalkoholischen Fettleber“, sagt Seidl.
Fettleber zeigt meist keine Symptome
Die Fettleber ist im Bewusstsein der Patienten wenig präsent. „Das liegt daran, dass die Erkrankung keine offenkundigen Symptome hervorruft“, sagt Seidl. Überhaupt wird das Organ mit der zusätzlichen Belastung zunächst meist erstaunlich gut fertig. „Selbst wenn etwa die Nieren oder die Augen schon massive diabetische Folgeschäden davongetragen haben, verrichtet die Leber trotz Verfettung oft noch reibungslos ihren Dienst.“ Erst wenn die Leber weiter verfettet und an Gewicht zulegt, kann das Organ mit Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Völle- und Druckgefühlen im oberen Bauch auf sich aufmerksam machen.
Untersuchungen der Leberwerte im Blut geben meist zunächst nur unauffällige Resultate. „Die Konzentrationen von GOT, GPT und anderen Leberenzymen steigen erst dann an, wenn sich eine Hepatitis entwickelt“, sagt Seidl. Dabei handelt es sich um eine Leberentzündung, die zu Symptomen wie Erbrechen oder Gelbsucht führen kann. Die Fettleberhepatitis tritt jedoch nur bei drei bis fünf Prozent der Patienten mit diabetischer Fettleber auf. Gefährlich wird es, wenn das Lebergewebe vernarbt oder abstirbt. Mediziner sprechen dann von Fibrose und Zirrhose. „Solche Verläufe sind aber eine Rarität“, beruhigt Seidl.
Leberfett kann sich wieder zurückbilden
„Auch wenn die Fettleber selbst nur selten Probleme macht, so ist sie doch ein guter Indikator dafür, dass mit der Stoffwechseleinstellung etwas nicht in Ordnung ist und Schäden an anderen Organen drohen“, warnt Seidl. „Sie ist sozusagen ein Wink mit dem Zaunpfahl.“ Einfach ignorieren sollten Betroffene eine Fettleber keinesfalls. 2013 zeigte eine Studie, dass eine verfettete Leber auf ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinweisen kann. Ein erhöhter Anteil an Fetten in den Blutbahnen begünstigt Arterienverkalkungen, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen können. Außerdem besteht der Verdacht, dass eine Fettleber möglicherweise die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes begünstigt.
Diabetiker sollten regelmäßig den Bauchraum mit Ultraschall untersuchen lassen. Mit dem Sonografiegerät lässt sich eine Fettleber zuverlässig erkennen und die weitere Entwicklung verfolgen. Diese können Betroffenen selbst durchaus positiv beeinflussen. „Wenn ein Patient seinen Diabetes und seine Ernährungsgewohnheiten in den Griff kriegt, baut die Leber ihre Fettdepots nämlich wieder ab“, erklärt Seidl.
Fettleber behandeln: Abnehmen und gesund ernähren
Damit ist im Wesentlichen auch schon der Weg zur Behandlung einer Fettleber vorgegeben: Patienten sollten abnehmen, sich mehr bewegen, Alkohol nur in Maßen trinken und auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung achten. Als günstig hat sich eine mediterrane Kost erwiesen, mit einem hohen Anteil an Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Fisch. Kohlenhydrate und Fleisch sollten die Patienten nur in Maßen verzehren. Eine derartige Ernährung ist reich an ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Antioxidantien und wirkt sich günstig auf den Leberstoffwechsel und das Herz-Kreislauf-Risiko aus. Außerdem sollten Betroffene ihren Blutzucker auf die individuell mit ihrem Arzt vereinbarten Zielwerte senken.
Der Nutzen einer gezielten Nährstoffergänzung zum Beispiel mit Vitamin E für die diabetische Fettleber ist nicht sicher belegt. „Es gibt diesbezüglich keine klaren Therapieempfehlungen“, bestätigt Seidl. Auch Studien zur direkten medikamentösen Behandlung der Fettleber verliefen enttäuschend. „Aber natürlich profitieren Patienten indirekt von einer optimalen Stoffwechseleinstellung, zum Beispiel mittels Antidiabetika“, sagt Seidl. Betroffene müssen dabei nicht nur erhöhte Blutzuckerspiegel behandeln, sondern auch andere Probleme wie einen zu hohen Fettanteil im Blut in den Griff bekommen. Mit anderen Worten: Entscheidend ist die Regulierung des Stoffwechsels, und eine Schlüsselfunktion kommt dabei dem Abnehmen zu.
Fett weg per Operation: Eine Alternative für wenige
Als letzte Alternative bleibt bei Patienten mit starkem Übergewicht, die ihre Fettleber und die damit verbundenen Stoffwechselstörungen anders nicht kontrollieren können, momentan nur die sogenannte bariatrische Chirurgie. Dabei verändern Ärzte Magen und Darm so, dass Betroffene weniger Nahrung zu sich nehmen oder weniger Nährstoffe aus dem Verdauungstrakt ins Blut übergehen – zum Beispiel durch eine Magenverkleinerung oder ein Magenband. „Viele Patienten verlieren dadurch stark an Gewicht, und die Stoffwechsellage und die Leberverfettung bessern sich meist deutlich“, bestätigt Seidl.
Für die meisten Patienten ist die bariatrische Chirurgie aber nicht relevant. „Sie ist vielmehr jenen vorbehalten, die massives Übergewicht und eine schwere Stoffwechselstörung haben, und die auf andere Maßnahmen nicht ausreichend ansprechen“, sagt Seidl. „Zudem gibt es noch keinen Konsens darüber, wann welche dieser Maßnahmen einzusetzen sind.“ Und schließlich gehen die Eingriffe auch mit einem gewissen Risiko einher. Für Diabetiker mit einer Fettleber ist es daher allemal besser, den Wink mit dem Zaunpfahl ernstzunehmen und rechtzeitig gegenzusteuern.
Quelle: Quelle: Diabetes-Ratgeber
http://www.diabetes-ratgeber.net
