Pressemitteilung: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke
Kommunikation zwischen braunem und weißem Fett könnte das Entstehen von Übergewicht beeinflussenTim Schulz, neuer Arbeitsgruppenleiter am Deutschen Institut für Ernährungsforschung, hat erstmals einen Mechanismus entdeckt, über den braunes und weißes Fettgewebe miteinander kommunizieren. Ein Vorgang, der möglicherweise auch bei Menschen zur Regulation des Energiegleichgewichtes beiträgt und damit dem Entstehen von Übergewicht und Diabetes entgegen wirkt. Die jetzt in der Fachzeitschrift Nature* veröffentlichte Studie könnte daher neue Ansätze liefern, um Therapien gegen starkes Übergewicht zu entwickeln. Die Studie führte Schulz während seines Forschungsaufenthalts am Joslin Diabetes Center und der Harvard Medical School in Boston, USA in der Arbeitsgruppe von Yu-Hua Tseng durch.
Überschüssige Nahrungsenergie wird zum Großteil in weißem Fettgewebe gespeichert und führt so zu Übergewicht. Dabei stellt Adipositas (krankhaftes Übergewicht) einen zentralen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes dar. Im Gegensatz zum weißen besitzt braunes Fettgewebe die Fähigkeit, Nahrungsenergie direkt in Körperwärme umzuwandeln und so in Form von Wärme abzugeben. Es könnte daher als wirksamer Adressat für Adipositas-Therapien dienen. Früher nahm man an, dass vor allem Säuglinge über braunes Fettgewebe verfügen, da sie aufgrund ihrer geringen Körpergröße stärker dazu neigen, auszukühlen. Wie jüngste Studien belegen, ist es jedoch auch noch bei Erwachsenen vorhanden. Stark übergewichtige Personen weisen hingegen keine oder nur geringe Mengen dieses stoffwechselaktiven Gewebes auf.
Neuere Untersuchungen zeigen zudem, dass es zwei unterschiedliche Arten von braunen Fettdepots gibt. Das klassische, in Fachkreisen auch als konstitutiv bezeichnete, braune Fettgewebe wird bereits in der frühen Embryonalphase angelegt und findet sich hauptsächlich zwischen den Schulterblättern. Das rekrutierbare braune Fettgewebe ist dagegen im weißen Fett und in der Muskulatur lokalisiert. Es entsteht bei Erwachsenen und nur nach Einwirkung von induktiven Signalen, an denen das zentrale Nervensystem und im Blutstrom zirkulierende Signalproteine beteiligt sind. Das genaue Zusammenspiel der Signalwege und die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen sind bislang nur zum Teil bekannt.
Wie die Forscher unter Führung von Yu-Hua Tseng nun erstmals mit Hilfe von Tiermodellen und Untersuchungen an isolierten Zellen zeigen, führt ein Mangel an klassischem braunen Fettgewebe zu einer verstärkten Stimulation der weißen Fettdepots durch das sympathische Nervensystem**. Dies wiederum regt im weißen Fettgewebe die Rekrutierung brauner Fettzellen an. Dieser bislang unbekannte, ausgleichende Mechanismus reicht aus, um das Temperaturgleichgewicht des Körpers zu stabilisieren. Zudem schützt er zumindest bei Mäusen vor den Stoffwechselstörungen, die ein Verlust des klassischen braunen Fettes mit sich bringt, wie zum Beispiel vor ernährungsbedingtem Übergewicht.
„Wir zeigen erstmalig, dass das braune Fettgewebe in der Lage ist, mit dem weißen Fettgewebe zu kommunizieren, um die Körpertemperatur zu regulieren. Interessant ist auch, dass die Kommunikation über Botenstoffe des sympathischen Nervensystems erfolgt und eine enge physiologische Beziehung zwischen beiden Typen des braunen Fettgewebes besteht“, erklärt Erstautor Tim Schulz. „Der neu entdeckte Kommunikations-Mechanismus spielt vermutlich auch für den Energiehaushalt des Körpers und damit für das Körpergewicht eine Rolle. Unsere Ergebnisse liefern somit eine gute Basis, um Ansätze für neuartige Therapien gegen krankhaftes Übergewicht und damit verbundene Stoffwechselerkrankungen zu entwickeln.“
Diese Mitteilung wurde über den: idw - Informationsdienst Wissenschaft e. V.
http://idw-online.de versandt.