Unterschätzter, aber wichtiger Wert: „Gelegenheitsblutzucker” lässt auf Diabetesrisiko schließenDALLAS, 7. April (Biermann) – Der sogenannte „Gelegenheitsblutzucker” - der zu einem beliebigen Zeitpunkt gemessen wird und nicht unmittelbar vor oder nach den Mahlzeiten – könnte laut einer aktuellen Studie wertvolle Einblicke in das Diabetesrisiko des Betreffenden liefern. Leider, so die Wissenschaftler vom UT Southwestern Medical Center in Dallas, werde diesem Wert aber allzu häufig keine Beachtung geschenkt.
Der Gelegenheitsblutzucker, so die Studienautoren, mache in der klinischen Praxis den größten Teil der angefertigten Blutzuckertests aus. Die aktuellen Leitlinien aber sehen die Erhebung dieses Gelegenheitsblutzuckers weder als Screening-Test für Diabetes an, noch betrachten sie einen erhöhten Gelegenheitsblutzucker als Indikator für eine Diabeteserkrankung, wie die Wissenschaftler im „Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism“ schreiben. Das aber, so Dr. Michael Bowen, sollten sie. Bowen ist Professor für Innere Medizin, klinische Forschung und Pädiatrie an der UT Southwestern und Hauptautor der aktuellen Arbeit.
„Unsere Untersuchungsergebnisse liefern überzeugende Beweise dafür, dass ein einzelner, erhöhter Gelegenheitsblutzuckerwert ein großer Risikofaktor für Diabetes ist“, so Bowen. „Nachdem wir traditionelle Risikofaktoren für Diabetes berücksichtigt hatten, stellten wir fest, dass Personen mit einem einzigen Gelegenheitsblutzuckerwert von 100 mg/dl oder höher mit einer 20-mal so hohen Wahrscheinlichkeit an einem nicht diagnostizierten Diabetes litten als diejenigen, deren Werte unter dieser Grenze lagen.“
Die Analyse der Wissenschaftler basierte auf Daten von fast 13.800 Teilnehmern einer nationalen Untersuchung zu Gesundheit und Ernährung in den USA, für die die Probanden auch auf Diabetes hin getestet worden waren. Dabei nahmen die Forscher den Zusammenhang zwischen dem Gelegenheitsblutzucker und dem Diabetesstatus bei solchen Personen unter die Lupe, bei denen noch kein Diabetes diagnostiziert worden war.
„Wir dürfen diese Werte nicht ignorieren. Wenn wir das tun, verpassen wir eine Möglichkeit, Patienten mit einem hohen Diabetesrisiko zu identifizieren“, warnt Bowen.
Personen mit einer auch nur mäßigen Erhöhung des Gelegenheitsblutzuckers (zwischen 100 und 19 mg/dl) litten mit einer siebenmal höheren Wahrscheinlichkeit an Diabetes, wie die Wissenschaftler berichten. Solche mit Werten zwischen 120 und 139 mg/dl hatten eine sogar um das 30-Fache erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen nicht diagnostizierten Diabetes. Personen mit einem Gelegenheitsblutzuckerwert unter 100 mg/dl dienten als Referenz und hatten nach Einschätzung der Studienautoren kein erhöhtes Diabetesrisiko.
Für das Diabetes-Screening stehen grundsätzlich drei Tests zur Verfügung: die Erhebung des Nüchternblutzuckers, des Hämoglobin-A1c-Test (der sogenannte „Langzeitblutzucker”) und der Glucose-Toleranztest. „Da für die große Mehrheit der Patienten auch Gelegenheitsblutzuckerwerte in den Krankenakten stehen, ist dies eine Möglichkeit, auf der Grundlage bereits vorliegender Daten Patienten auf ein Diabetes-Screening anzusprechen“, meint Bowen.
Quelle: UT Southwestern Medical Center, 04.03.2015
Pressemitteilung: BD Medical - Diabetes Care
http://www.bd.com/de/diabetes