Zusammenhang zwischen Darmflora und Typ-1-Diabetes gefundenCAMBRIDGE, 19. Februar (Biermann) – Dass es einen Zusammenhang zwischen einem gesunden Darm und dem Auftreten von Typ-1-Diabetes gibt, hat eine neue amerikanische Studie bestätigt – die nach Angaben der durchführenden Wissenschaftler bisher größte Längsschnittstudie zu diesem Thema.
Für die aktuell in der Fachzeitschrift „Cell, Host & Microbe“ veröffentlichte Arbeit wurden 33 Kleinkinder untersucht und nachbeobachtet, die eine genetische Veranlagung für Typ-1-Diabetes besaßen. Die Untersuchungen erfolgten zwischen der Geburt und dem dritten Lebensjahr. Man stellte fest, dass es vor dem tatsächlichen Auftreten der chronischen Stoffwechselerkrankung im Darm der betroffenen Kinder zu einer Veränderung der Darmflora kam: Sie wies nicht mehr so viele verschiedene Bakterienarten auf, außerdem nahm die Zahl derjenigen Mikroben im Verhältnis stark ab, die wichtig für die Darmgesundheit sind.
Die menschliche Darmflora besteht aus Trillionen von Mikroorganismen – Bakterien, Viren und anderen Keimen. Die Erforschung des sogenannten „Mikrobioms“ als Gesamtheit dieser Organismen nimmt in der Forschung immer mehr Raum ein, da man davon ausgeht, dass es für die Gesundheit des menschlichen Körpers insgesamt eine wichtige Rolle spielt. Die meisten der beteiligten Organismen sind harmlos und im Gegenteil sogar nützlich. Verschiebt sich das Mengenverhältnis der einzelnen Bausteine, kommt es zu Erkrankungen wie Diabetes und entzündlichen Darmerkrankungen.
Bei den Kindern in der Studie, bei denen schließlich ein Typ-1-Diabetes auftrat, war die Diversität der Mikroorganismen 1 Jahr vor Einsetzen der Erkrankung um 25 Prozent abgesunken. Dabei fanden die Wissenschaftler in den Stuhlproben der Kinder nicht nur weniger „gute“ Darmmikroben, sondern vor allem mehr potenziell schädliche, die Entzündungen verursachen.
„Wir wissen aus älteren Studien, dass Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmflora mit der frühen Entstehung eines Typ-1-Diabetes zusammentreffen. Wir haben außerdem gelernt, dass die Interaktion zwischen Bakteriennetzwerken ein Faktor dafür sein kann, weshalb manche Menschen ein Risiko für Typ-1-Diabetes haben und andere nicht“, erklärt Jessica Dunne, Forschungsleiterin am JDRF, das die Studie beauftragt hatte. „Dies ist die erste Untersuchung, die zeigt, wie spezifische Veränderungen im Mikrobiom die Weiterentwicklung hin zu einem symptomatischen Typ-1-Diabetes beeinflussen.“
Schon in der Vergangenheit hatten Studien gezeigt, dass die Übertragung von Darmbakterien von Mäusen, die eine Veranlagung für Diabetes besaßen, in Mäuse ohne eine solche Veranlagung bei diesen zu einer Erhöhung der Diabetesraten führte. Untersuchungen an Menschen haben zudem einen Zusammenhang zwischen Typ-1-Diabetes und der Zusammensetzung der Darmflora belegt. Diese Studien wurden aber rückblickend durchgeführt, das heißt, nachdem die Erkrankung bei den Patienten bereits aufgetreten war. Ein kausaler Zusammenhang ist so schwer zu beweisen.
„Diese Studie ist einzigartig, weil wir dafür eine Gruppe von Kindern mit einem hohen Risiko für Typ-1-Diabetes herangezogen und dann beobachtet haben, welche Veränderungen der Darmflora den Ausschlag für die Entwicklung eines Typ-1-Diabetes gaben”, erklärt Prof. Ramnik Xavier, der die Untersuchung leitete.
Da für die Studie auch Kinder beobachtet wurden, bei denen schließlich kein Typ-1-Diabetes auftrat, konnten die Wissenschaftler auch Einblicke in die normale Entwicklung der Darmflora im frühen Kindesalter gewinnen. Sie stellten dabei fest, dass sich die Zusammensetzung der Bakterienbesiedelung zwar von Mensch zu Mensch stark unterscheidet, die „Komposition” sich aber normalerweise und bei gesunden Menschen mit der Zeit nicht verändert.
Quellen: Broad Institute of MIT and Harvard, 05.02.2015; Cell, Host & Microbe 2015;17(2):260–273.Pressemitteilung: BD Medical - Diabetes Care
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