Künstlicher Pankreas für DiabetikerWer Diabetes hat, muss mehrmals am Tag den Blutzucker messen und gegebenenfalls seinen Insulinspiegel nachjustieren. Wäre es da nicht praktisch, wenn beides eine unsichtbare Maschine übernehmen würde?
Ein solches Gerät gibt es bereits. Entwickelt haben es Forscher von der University of Virginia (UVA) School of Medicine und von der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences. Es besteht im Wesentlichen aus seiner Insulin-Pumpe und einem Blutzucker-Messgerät, die beide unter die Haut implantiert werden, sodass man sie nicht mehr sehen kann. Der Blutzucker wird mit Hilfe dieser „künstlichen Bauchspeicheldrüse“ durchgehend aufgezeichnet.
Das Besondere an dem Gerät: Seine Software berücksichtigt auch verschiedene physiologische und psychische Parameter: etwa wann und wie viel der Patient gegessen hat, wie viel er sich bewegt hat, wie lange er geschlafen hat oder ob er besonderem Stress ausgesetzt war. All diese Variablen beeinflussen den Zuckerspiegel im Blut. Kontrolle und Einsicht von „außen“ gibt zum Beispiel ein Smartphone, das sich mithilfe einer speziellen Software über Bluetooth mit dem Kunstpankreas unter der Haut verbindet.
Blick in die Zukunft
„Das Gerät liefert die richtigen Mengen an Insulin nicht nur, indem es auf bereits erfolgte Änderungen des Blutzuckerspiegels reagiert, sondern auch indem es zukünftige Blutzuckerwerte vorausberechnet“, erklärt Boris Kovatchev von der UVA, einer der Entwickler. Damit sei Diabetes zwar immer noch nicht heilbar, aber man könne den Patienten eine höhere Lebensqualität ermöglichen. Gleichzeitig ist das auch einer der großen Vorteile gegenüber der Insulinpumpen, die jetzt bereits im Einsatz sind.
Ob sich das neue System auch in der Praxis gegenüber den herkömmlichen, äußeren Insulinpumpen bewährt, soll jetzt in einer großen klinischen Studie in Europa und Amerika gestestet werden. Hierbei werden zunächst 240, dann noch einmal 180 Typ-1-Diabetiker das Gerät implantiert bekommen. Anschließend soll über jeweils sechs Monate beobachtet werden, wie gut der Blutzucker reguliert wird, um wie viel das Risiko einer Unterzuckerung gesenkt werden kann und inwieweit die Vorausberechnung zukünftiger Blutzuckerwerte durch die Erfassung von Lebensstilparametern klappt.
Go für Langzeitstudie
Bisher hatten die Forscher das Gerät immer nur für wenige Tage getestet „Die größte Herausforderung bei einem künstlichen Pankreas ist die Unberechenbarkeit des menschlichen Körpers“, sagt der Co-Erfinder Francis J. Doyle III von der Harvard University. „Tag für Tag und Stunde zu Stunde schwanken etwa das Stresslevel und der Hormonhaushalt.“ Der längere Zeitraum ermögliche es nun die Berechnungssoftware weiter zu optimieren, hoffen die Wissenschaftler.
Immer mehr Diabetes-Kranke
Der Pankreas, auch Bauchspeicheldrüse, produziert verschiedene wichtige Hormone, darunter auch das Insulin. Dieses Hormon ist wichtig für die Kontrolle des Blutzuckerspiegels. Bei Diabetikern gerät dieses System aus dem Gleichgewicht: Indem sie entweder zu wenig Insulin produzieren (Diabetes Typ 1) oder eines das nicht richtig wirkt, weil die Körperzellen dagegen resistent geworden sind (Diabetes Typ 2). Insbesondere Patienten mit Typ 1 müssen deswegen von außen, entweder über Spritzen oder Insulinpumpen künstlich das Hormon zuführen, damit ihr Stoffwechsel nicht entgleist.
Quelle: Pressemitteilung der Harvard University: Artificial pancreas system at type 1 diabetes mellitus – Largest-ever long-term clinical trail will begin this year, 4. Januar 2016. Quelle: NetDoktor.de
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