Schilddrüse: Wie sie einen Diabetes beeinflusstÜberfunktionen oder Unterfunktionen der Schilddrüse können bei Diabetes auch die Insulinwirkung und den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Was bei Problemen mit der Schilddrüse hilft.
Vorhofflimmern – so lautete die Diagnose des 60-jährigen Typ-2-Diabetikers, der zu Professor Petra-Maria Schumm-Draeger in die Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie, Klinikum Bogenhausen in München, kam. Für die Herzrhythmusstörung fand die Ärztin schnell eine Ursache. Der Mann hatte eine Schilddrüsenüberfunktion. „Haufenweise“, sagt die Ärztin, „sehen wir solche Patienten. An die Schilddrüse wird dabei oft nicht gedacht, und so bleiben Probleme unnötig lange unbehandelt.“
Schilddrüse: Der Winzling unter den Organen
Millionen Deutsche leiden an Krankheiten der Schilddrüse – mit unterschiedlichen Folgen. Ein Kropf, vermehrtes Schwitzen, Kälteempfindlichkeit, Gewichtszunahme oder -abnahme, Herzrasen, Niedergeschlagenheit können Anzeichen sein, dass die Schilddrüse nicht richtig funktioniert. Für Diabetiker sind Schilddrüsenerkrankungen besonders bedeutsam. „Störungen im Hormonhaushalt der Schilddrüse und der Bauchspeicheldrüse beeinflussen sich gegenseitig“, erklärt Schumm-Draeger.
So scheiden manche Diabetiker vermehrt Jod mit dem Urin aus. Das passiert, wenn der Blutzuckerspiegel schlecht eingestellt ist oder wenn die kleinen Gefäße der Nieren wegen des Diabetes nicht mehr optimal funktionieren. Jod braucht die Schilddrüse aber, um Hormone zu produzieren. Wird ihr empfindliches Gleichgewicht gestört, hat dies wiederum Einfluss auf den Blutzuckerstoffwechsel. Ein teuflischer Kreislauf.
Schumm-Draeger empfiehlt: Diabetiker sollten einmal im Jahr den Wert des Schilddrüsenhormons TSH bestimmen lassen. Daneben rät die Ärztin zu einer Ultraschalluntersuchung des Organs. „Es ist wichtig, dass Ärzte und Patienten bei Problemen schnell reagieren“, sagt sie. Aber welche gibt es überhaupt, und wie lassen sie sich behandeln?
Problem: Unterfunktion der Schilddrüse
Produziert die Schilddrüse zu wenig Hormone, hat das Auswirkungen auf den ganzen Organismus: Betroffene sind oft müde, nehmen zu, haben eine trockene Haut, fühlen sich niedergeschlagen.
Bei Diabetikern kommt dazu: Eine Schilddrüsenunterfunktion und auch eine -überfunktion beeinflussen den Blutzuckerstoffwechsel. „Eine Unterfunktion (Hypothyreose) erhöht die Empfindlichkeit gegenüber Insulin, sodass der Insulinbedarf geringer ist“, erklärt Schumm-Draeger.
„Der Blutzuckerspiegel sinkt und es kann zu Unterzuckerungen kommen.“ Das Gute daran: Unterfunktionen der Schilddrüse lassen sich in aller Regel gut in den Griff bekommen. „Dann lässt sich auch der Blutzucker wieder gut einstellen“, erklärt Schumm-Draeger. Patienten mit einer Unterfunktion der Schilddrüse erhalten lebenslang Tabletten mit dem Hormon Thyroxin.
Zur Vorbeugung sollte man mit der Nahrung genügend Jod zu sich nehmen, das die Schilddrüse braucht, um Hormone zu bilden. Das funktioniert, indem man mit Jodsalz würzt, einmal die Woche Seefisch isst und bei Back- und Fleischwaren darauf achtet, dass sie Jodsalz enthalten.
Problem: Autoimmunsystem greift Schilddrüse an
Als ob der Diabetes alleine nicht genug wäre! „Auffällig oft kommt es beim Typ 1 zu zusätzlichen Autoimmunerkrankungen. Am häufigsten ist die Schilddrüse betroffen“, erklärt Privatdozentin Dr. Wilgard Hunger-Battefeld vom Universitätsklinikum Jena. Eine ihrer Untersuchungen zeigte: 31 Prozent der Typ-1-Diabetiker hatten eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung. In den meisten Fällen handelte es sich um eine Hashimoto-Thyreoiditis, eine chronische Entzündung der Schilddrüse. Irrtümlich greift das körpereigene Abwehrsystem dabei die Schilddrüse an. Betroffene entwickeln schließlich eine Unterfunktion. Und die sollte mit Schilddrüsenhormonen behandelt werden.
Problem: Überfunktion der Schilddrüse
Das Organ produziert zu viel Schilddrüsenhormone. In vielen Fällen ist dies auf die Basedow’sche Krankheit zurückzuführen, ebenfalls eine Autoimmunerkrankung. Gewichtsverlust, Nervosität, Zittern und Schwitzen können die Folge sein. Bei Diabetikern steigt durch die Überfunktion der Blutzucker und damit auch der Insulinbedarf. Deshalb müssen sie dringend zum Arzt. Er kann Schilddrüsenhemmer verordnen (Thyreostatika), in manchen Fällen kommt eine Radiojodtherapie zum Einsatz. Dabei wird während eines Klinikaufenthalts eine Kapsel mit schwach radioaktivem Jod geschluckt, das die Schilddrüse aufnimmt. Oder es wird durch eine Operation aktives Schilddrüsengewebe vermindert. „Jeder Diabetiker mit häufigen ungeklärten Unter- oder Überzuckerungen sollte seine Schilddrüse untersuchen lassen“, sagt Schumm-Draeger.
Diabetikerinnen, die Kinder planen, brauchen besondere Überwachung. „Während der Schwangerschaft und nach der Geburt treten bei Typ-1-Diabetikerinnen im Vergleich zu Stoffwechselgesunden häufiger Schilddrüsenfunktionsstörungen auf“, erklärt Hunger-Battefeld. Auch wenn diese noch keine Symptome zeigen, kann das die Entwicklung des Kindes beeinflussen. „Studien ergaben, dass Frauen mit Diabetes Typ 1 von routinemäßigen Überprüfungen der Schilddrüsenfunktion profitieren“, so die Expertin. Ist ein Schilddrüsenproblem nämlich erkannt, lässt es sich meist sehr gut behandeln. „Dann verschwinden auch die Probleme mit den Blutzuckerentgleisungen wieder“, sagt Schumm-Draeger.
Pressemitteilung: Diabetes Ratgeber
http://www.diabetes-ratgeber.net