Darmbakterien: Frühwarnsystem für Diabetes?Forscher stellten bei Typ-2-Diabetikerinnen eine veränderte Zusammensetzung der Darmbakterien fest. Beeinflusst die Darmflora in unserem Körper unseren Stoffwechsel?
Bei Firmicutes oder Clostridium handelt es sich mitnichten um die Lager römischer Legionäre, die unbeugsame Dörfer in der gallischen Provinz bewachten. Vielmehr sind sie Bakterien, die den menschlichen Darm besiedeln. Unser Verdauungssystem beinhaltet etwa zehnmal so viele dieser Kleinstorganismen, wie der menschliche Körper Zellen besitzt. Sie spalten dort etwa Eiweiße oder wehren Krankheitskeime ab. Bei vielen Bakterien ist völlig unbekannt, welche Aufgaben sie im Darmtrakt übernehmen – oder ob sie überhaupt einen Nutzen haben.
Diabetes-Forscher spekulieren seit einiger Zeit, ob es einen Zusammenhang zwischen der Darmflora und der Zuckerkrankheit gibt. Drei Forschungsgruppen aus Schweden untersuchten nun die Zusammensetzung der Darmbakterien bei 145 europäischen Frauen. Diese verfügten entweder über einen bereits entwickelten Diabetes Typ 2, einen erhöhten oder normalen Blutzuckerspiegel. Die Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachblatt Nature.
Studie: Darmflora gibt Aufschluss über Stoffwechsellage
Das Team um Molekularmediziner Fredrick Bäckhed und Systembiologe Jens Nielsen fand bei den Diabetikerinnen eine veränderte Darmflora vor. Auf dieser Grundlage erstellten sie ein Modell, mit dessen Hilfe sie bei den Frauen mit erhöhten Blutzuckerwerten anhand ihrer Darmflora vorhersagen konnten, ob diese einen Diabetes-ähnlichen Stoffwechsel besaßen.
Noch unbekannt ist, ob diese Methode für den Einsatz in der Praxis taugt, etwa um potenzielle Diabetes-Patienten frühzeitig zu erkennen. Dazu wären größere Untersuchungen nötig, die die Ergebnisse bestätigen. Spannend ist die Frage, ob und wie Darmbakterien und die Zuckerkrankheit sich gegenseitig beeinflussen. "Die große Herausforderung ist nun herauszufinden, ob die Zusammensetzung der Darmmikroorganismen den Ausbruch von Diabetes fördert", sagt Autor Bäckhed. "Falls das der Fall ist, würde das neue Möglichkeiten aufzeigen, um die Krankheit zu verhindern."
Ernährung beeinflusst Darmflora
Die Bakterien im Darm setzen sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich zusammen. Zum Teil nehmen wir auch mit unseren Lebens- und Ernährungsgewohnheiten Einfluss darauf. Wer beispielsweise viel Obst und Gemüse isst, hat eine andere Darmflora als jemand, der gerne viele fettige Speisen zu sich nimmt.
Die Mikroorganismen können wohl wiederum die Stoffwechsellage und die Nährstoffverwertung mit beeinflussen. Neben wichtigen Risikofaktoren wie erblicher Veranlagung, Übergewicht und Bewegungsmangel könnten also vielleicht auch die Kleinstlebenwesen in unserem Darm bei der Entstehung von Typ-2-Diabetes eine gewisse Rolle spielen, so vermuten Forscher. So besserte sich in einer niederländischen Studie der Zuckerstoffwechsel von übergewichtigen Männern mit Diabetes Typ 2, nachdem sie Darmbakterien von Schlanken erhalten hatten.
Darmbakterien: Auch bei Diabetes Typ 1 relevant?
Nicht nur bei Diabetes Typ 2 scheinen die Kleinstorganismen beteiligt zu sein. In einer weiteren, kürzlich veröffentlichten Studie setzten Forscher weiblichen Mäusen mit einer hohen genetischen Veranlagung für Typ-1-Diabetes die Darmbakterien von gesunden männlichen Mäusen ein. Danach erkrankten bedeutend weniger der genetisch vorbelasteten Nager an der Autoimmunkrankheit. Auch in diesem Fall ist noch unbekannt, inwiefern sich diese Erkenntnis in der Praxis anwenden lässt – und ob sie überhaupt auf den Menschen übertragbar ist.
Quellen: Nature, Universität GöteborgQuelle: Diabetes-Ratgeber
http://www.diabetes-ratgeber.net